Ich bin zu 95% vegan, mein Mann isst ausserhalb und selten daheim auch Fleisch. Mein Mann findet den Veganismus gut, lebt selbst aber nicht konsequent vegan. Da ich zu 100% von der veganen Idee überzeugt bin, mache ich lediglich dann eine Ausnahme, wenn es keine veganen Optionen gibt und ich grossen Hunger habe. Wie erziehen wir nun unsere Tochter? Und kommt es deswegen oft zu Streit? Ich gebe euch einen kleinen Einblick, wie wir das für uns gelöst haben.

 

Gemeinsamer Konsens

Wichtig ist, dass sich beide Elternteile einig werden, wie sie ihr Kind erziehen möchten. Das bedeutet auch, Kompromisse einzugehen und sich selbst anzupassen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir unsere Tochter daheim so gut es geht überwiegend vegan erziehen. In der Kita darf sie jedoch vegetarisch essen. Daheim kochen wir nur vegan, der Papa macht sich aber manchmal Käse oder Eier dazu und selten auch Meeresfrüchte oder Fisch.

Warum wir uns so entschieden haben? Für unsere Tochter möchten wir, dass sie mit der veganen Bewegung aufwächst, sie aber keine Einschränkungen im täglichen Leben erfahren muss. Für Viele ist vegan noch «exotisch», vegetarisch wird jedoch meist akzeptiert und verstanden.

Manchmal kommt es deswegen zu Diskussionen (darf sie daheim Kuhkäse essen oder doch lieber veganen Käse?), streiten tun wir deswegen erstaunlicherweise nicht. Wir akzeptieren den Standpunkt des anderen.

 

Vorbildfunktion

Obwohl unsere Tochter nicht 100% vegan aufwächst, wird sie jeden Tag mit meiner Ernährungsweise konfrontiert. Diese ist anders als die des Papas und auch der meisten Menschen, mit denen sie so Kontakt hat. Ich bin überzeugt davon, dass diese Vorbildfunktion kombiniert mit möglichst wenig Druck den meisten Einfluss auf mein Kind haben wird. Natürlich ist das nicht immer einfach. Es bricht mir das Herz, wenn sie einerseits die Kälber auf der Weide streichelt und andererseits daheim Papas Kuhkäse mampft. Aber irgendwann wird die Zeit gekommen sein, wo sie Fragen stellt, und die werde ich ihr dann wahrheitsgetreu beantworten.

Dies ist unser Weg, natürlich gibt es hier kein Richtig oder Falsch. Wenn du euer Kind 100% vegan ernähren möchtest, hast du alles Recht dazu (siehe auch Zwingen Veganer ihren Kindern den Veganismus auf? ) Vielleicht seid ihr in der Partnerschaft beide vegan und erklärt eurem Kind schon von Anfang an, dass die Milch vom Käse den Babykühen weg genommen wird. Meine Tochter ist etwas wählerisch mit dem Essen und da Kuhkäse einen steten Platz in unserem Kühlschrank hat (und natürlich auch richtig lecker schmeckt), haben wir uns dafür entschieden, ihr die Wahrheit dann zu erzählen, wenn sie danach fragt.

 

Anderes Elternteil nicht schlecht reden

Das Familienleben sollte von Liebe und gegenseitiger Rücksichtsnahme geprägt sein. Kein Platz hat hier das «Gegeneinander ausspielen» eines Elternteils gegenüber dem anderen. Auch das ist nicht immer einfach –  wie soll ich jetzt meinem Kind erklären, dass Tiere leiden wenn man ihnen die Eier und die Milch weg nimmt und sie sterben müssen, damit wir unser Schnitzel essen, der Papa aber genau das alles selbst isst? Toleranz und Akzeptanz sind recht komplexe Konzepte. Umso wertvoller ist es jedoch, wenn ein Kind schon früh lernt, dass Menschen eben unterschiedlich sind und oft verschiedener Meinung sind. Und dass das ok ist und man sich trotzdem gern haben und lieben kann.

 

Support-System aufbauen

Mir hilft es sehr, mich mit anderen Mamas und Papas auszutauschen, die ihre Kinder ebenfalls vegan ernähren. Je nachdem wo man lebt, kann das vor Ort oder auch online stattfinden. Schau dich doch mal in deiner Vegan-Community um: oft gibt es potluck und Besuche auf dem Lebenshof für vegane Familien. Meine Tochter sieht so, dass es auch andere Kinder gibt, die so leben und essen. So wird der Veganismus ein bisschen «normalisiert», auch wenn meine Tochter in der Kita manchmal die einzige ist, die keinen Fleischkäse essen «darf» und stattdessen Quinoa bekommt.

 

Unser Kind darf selbst entscheiden

Momentan ist unsere Tochter mit 2,5 Jahren noch etwas zu klein, um den Veganismus wirklich zu verstehen. Somit entscheiden wir noch für sie. (Mehr zu diesem Thema kannst du hier nachlesen: Zwingen Veganer ihren Kindern den Veganismus auf?)  So etwa im Schulalter mit 6 Jahren können Kinder schon etwas besser verstehen, was es bedeutet, Fleisch, Eier und Milchprodukte zu essen, und welche Konsequenzen das für die Tiere hat. Wir werden unsere Tochter bald selbst entscheiden lassen, wenn sie ausserhalb Tierisches essen möchte. Vielleicht ist das dann auch nur eine Phase, die aus dem Gruppenzwang heraus entsteht. Oder aber sie entscheidet, nö, mir schmeckt das gut, ich ess das jetzt trotzdem. Daheim werde ich weiterhin nichts extra Tierisches kochen, weder für meinen Mann noch für meine Kinder. Dennoch wird meine Tochter immer die Gewissheit haben, dass wir sie lieben – egal wie sie sich entscheiden wird.